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Martina und Stefanie waren gerade dabei, die ersten Botengänge zu machen. Sie mussten diverse Körbe und Waren an verschiedene Stellen im Palast bringen. „Hast du Tel’Aran gestern Abend noch gesehen?“, fragte Stefanie neugierig. „Nein, aber da er mit dem Hauptmann unterwegs ist, will ich besser nicht wissen, was sie getrieben haben.“, erwiderte Martina. Die beiden waren gerade mit der letzten Lieferung fertig und wollten kurz in ihre Zimmer, als von draussen ein Lärm zu vernehmen war. „Hey, ich .. wol..ltte doch nur noch nen Humpen!“, klang es laut. „Du hattest eindeutig schon genug und solltest in weniger als zwei Stunden wieder bei Sinnen sein.“, klang eine zweite Stimme. „Du bist nicht meine Mutter!“, protestierte die erste. „Nein, eher dein älterer Bruder!“, erklang wieder die zweite Stimme. Die Erste begann zu lachen.

Martina und Stefanie hatten bereits ihre Vorahnung und rannten hinaus zum Hof. Sie fanden den Hauptmann zappelnd im Griff von Tel’Aran. Sie hatten schon oft erlebt, wie drei oder vie Wachmänner versuchten den Hauptmann nach Hause zu bringen. Sie waren erstaunt, mit welcher Leichtigkeit der Elf ihn im Schacht hielt. Tel’Aran blickte auf die beiden und sprach dann: „Habt ihr so was wie ein Muntermacher in der Küche? Falls ja… holt mal alles hier her. Ich schätze ich muss Frank etwas zurechtrücken.“. Er lächelte und Martine war schon unterwegs in die Küche. „Stefanie, passiert das öfters mit dem Hauptmann?“, fragte er sie, als Kralle wieder etwas leiser wurde. Sie zuckte mit den Achseln und erwiderte, „Manchmal, aber dieses mal scheint es ihn besonders erwischt zu haben.“. Tel’Aran begann zu lachen und vergewisserte sich, dass sein Griff noch hielt. Martina kam eiligst aus dem Küchenbereich und hatte einige Flaschen in den Händen. Tel’Aran musterte diese und nach einigen Blicken entschied er sich für zwei Flaschen. „Kannst du noch einen halben Humpen Bier auftreiben?“, fragte er Martina. „Jetzt ist sicher kein Zeitpunkt für zum Trinken“, mahnte sie den Elfen. Mit einem lachen unterbrach er sie und sprach dann, „Nicht für mich, sondern für ihn. Ich habe da meine Tricks mit trinkfesten Leuten.“. Sie entschuldigte sich kurz und rannte nochmals in die Küche. Frank zappelte plötzlich wieder und verlangte seinen Humpen. Tel’Aran versicherte und beruhigte ihn. Es dauerte nur wenige Augenblicke und die ältere Schwester kam heraus und hatte, wie aufgetragen, einen halben Humpen Bier. Er deutete Stefanie an, dass sie die beiden gewählten Flaschen in den Humpen einfliessen lassen soll. Mit einem Nicken hat er jeweils mitgeteilt, wann es genug war. Der Humpen war nun voll und hatte noch immer das Aussehen eines guten Biers. „Hier Frank, der letzte Humpen für die nächsten Tage. Versprochen?!“ Tel’Aran reichte ihm den Humpen weiter. „Okay okay okay… aber her damit! JETZT!“ erwiderte er und schnappte sich das Glas. Mit knapp einem Zug war der Inhalt weg und Frank wirkte plötzlich seltsam. Tel’Aran liess den Griff los und musterte Frank. Dieser torkelte einige Schritte und blickte zu Tel’Aran. Dieser lächelte nur und wartete auf etwas. „Da ist was fa“,  wollte der stämmige Mann geraden von sich geben, als Tel’Aran ihn gerade noch auffangen konnte. „Zeigt mir einen guten Schlafplatz für unseren Volkshelden hier. Die beiden Mädchen nickten und führten ihn und Frank zu einem abgelegenen Plätzchen. Tel’Aran legte sachte den Hauptmann auf das Bett und ging mit den beiden Mädchen nach draussen.

„Und hattet ihr genug Spass mit den Frauen?“, fragte Martina etwas abwertend. „Du wusstest, wohin mich der Hauptmann führen würde und hast mich nicht vorgewarnt?“ erwiderte Tel’Aran mit einer Gegenfrage. Sie blickte zuerst verdutzt und antwortete danach in ähnlichem Tonfall: „Natürlich! Das ist im ganzen Land bekannt, dass die Wachen einmal im Monat in die Taverne „Zum glücklichen Mond“ einfinden und …“.sie wollte den Satz nicht zu ende sprechen und blickte unsicher zu Stefanie. Er bemerkte, dass deren Lebensgeschichte wohl einen Zusammenhang hatte. Er musterte die beiden und überlegte seine nächsten Worte, „Ihr dient mir doch schon eine Weile“, begann er, „Habe ich in dieser Zeit je Anlass geboten, dass ihr so abwertend von mir denkt oder das Gefühl habt, ich würde meinen Emotionen freien Lauf lassen?“ er klopfte Stefanie auf die Schulter und blickte anschliessend zu Martina, „Ich hatte nur ein Gespräch mit einer Frau und hoffe, dass ich ihre dummen Ideen ausschlagen konnte. Es tut gut, wenn man seine Leiden, seine Probleme jemandem weitererzählen kann. Ich merke, dass euch etwas bedrückt. Wollt ihr darüber reden?“, er blickte kurz in den Raum und bemerkte einen friedlichen, schlafenden Hauptmann, „Wir haben noch gut eine Stunde, bevor ich den armen Teufel aus dem Schlaf holen und ihm seinen Kater überlassen muss.“ Martina und Stefanie lachten leise.

Alle drei sassen in einem Nebenraum dieses Hauses. Martina entschloss sich die Geschichte zu erzählen.

<< Wir lebten im Osten des Reiches. Die Stadt selber nannte sich Itlon und war ein gemütliches Bauerndorf. Es war weder wohlhabend noch arm. Wir alle lebten ein gemütliches Leben. Das sind nun fast 5 Jahre her und die Erinnerungen sind noch klar.

 

Das Dorf selber gibt es nicht mehr. Eine Räuberbande hatte sich entschlossen, bei uns Rast zu machen und gleich alle Einwohner zu versklaven. Es war ein Massaker. Die alten wurden gnadenlos niedergemetzelt. Babys wurden in den nahe liegenden Fluss geworfen.

 

Unsere Eltern wurden getötet, als sie versuchten uns zu beschützen. Selbst unser Versteck fanden die Räuber schnell. Nadia, unsere ältere Schwester konnte mit ihrem Dolch sogar einen Räuber töten, doch die Rache war grauenvoll. Gefesselt mussten wir mit ansehen, wie sie Nadia geschändet haben. Es war grauenvoll. Das Blut, die Schreie und jedes Mal verstummte sie und erduldete die Qualen, als ein Räuber sein Messer an die Kehle von mir oder Stefanie angelegt hatte. Wir durften nicht wegsehen, wir mussten mehrere Stunden die Qualen ertragen. 

 

Als es vorbei war, konnte sie kaum noch etwas empfinden um den nahenden Tod zu fürchten. Ich hoffe es zumindest.

 

Danach wurden wir gut einen Monat als Sklaven gehalten. Sie haben uns nie angefasst. Womöglich waren wir nicht attraktiv genug oder sie hofften auf einen besseren Preis auf dem Sklavenmarkt. 

 

Zum Glück mussten wir nie mehr dazu erfahren. In einer Vollmondnacht stürmten die königlichen Wachen das Lager und töteten viele der Angehörigen oder verhafteten diese. Der König höchstpersönlich war dabei. Als unsere Fesseln entfernt waren, sagte er nur noch zu den knapp dutzend Sklaven „Ihr seid wieder frei, geht in eure Heimat. Vergesst das geschehene und geniesst eure neue Zukunft. 

 

Vorlaut wie Stefanie nun mal war, schrie sie aus „Welche Heimat? Unser Dorf wurde niedergebrannt, unsere Tiere getötet und unsere Familien geschändet und in den Fluss geworfen!“ Der König hörte die Worte und ich wollte mich schon für ihre Undankbarkeit entschuldigen, als der König uns beide musterte.

 

Durch seine Güte erhielten wir eine Ausbildung als Dienstmädchen und leben seither in seinem Dienst. Hier haben wir eine Zukunft und ein Leben, das wir nicht mehr fürchten müssen.

 

Trotzdem. 5 Jahre sind vergangen und wir haben nie unsere Eltern geehrt oder für Nadia gebetet. Wir fragen uns ständig, wieso wir überlebt haben. Wieso nur wir und nicht alle. Worin liegt die Gerechtigkeit? >>

 

Martina beendete gerade die Geschichte und nahm Stefanie in den Schoss. Tel’Aran musterte die beiden. Er stand auf und umarmte sie. Beide akzeptierten diese Geste und begannen an der Brust von dem Elfen zu weinen. Nach einigen Minuten verstummten Sie. Tel’Aran nahm Platz und blickte zu den beiden. Sie erkannten ihn ihm ebenfalls die Tränen der Trauer.

 

„Das Leben hat selten einen Sinn. Die Gerechtigkeit ist nur eine Illusion des Lebens. Das ‚Wieso’ in eurer Geschichte und dessen Sinn, kann niemand beantworten. Das Schicksal ist selten gnädig und weiss, wie es jemanden Schmerzen zufügt.“, begann Tel’Aran zu sprechen und bemerkte, dass er vergeblich nach seiner Pfeife suchte. Die Mädchen lächelten, als sie seine Unachtsamkeit bemerkten. Er zuckte mit den Schultern und lächelte ebenfalls, „Ich kann euch nur einen Rat geben. Denkt nicht an das Gestern. Die Vergangenheit müsst ihr in Erinnerung behalten, aber sie soll nicht euer Leben bestimmen. Geht vorwärts, denkt an das Morgen, an eure Zukunft. Solange ihr eine Zukunft habt, solange werdet ihr das tun, was eure Eltern und eure Schwester wollte. Sie alle wollten, dass ihr glücklich werdet.“, beendete er seine Lektion und musterte die Mädchen.

 

Die Mädchen wuschen ihre Tränen weg und nickten. Tel’Aran versuchte sich an gewisse Dinge zu erinnern und musste sich nochmals zusammenreissen. In den letzten Tagen musste er sich zu oft an seine Vergangenheit erinnern. Die Geschichten, die Erinnerungen, das Leid und der Tod. So vieles, das ihn innerlich in Stücke zerriss, musste er nun freilassen. Doch er war nicht allein. Jeder hat seine Vergangenheit und zu viele müssen mit Bürden das Leben  ertragen. Irgendwie schenkte ihn die Geschichte von den Mädchen Hoffnung. Auch die Sache mit Jasmin schenkte ihm etwas mehr Lebensfreude. Plötzlich kam ihm eine Idee und er lächelte insgeheim.

 

„Baah mein Kopf“, klang es plötzlich von hinten. „Na Frank! Bist früher wach geworden, als ich es dir zugetraut hätte“ sprach Tel’Aran mit einem breiten grinsen. „Was hast du mir da für Zeugs gegeben! Ich fühle mich zu nüchtern!“ jammerte Frank den Elfen voll. Tel’Aran zuckte nur die Schulter und erwiderte, „Nur zwei Muntermacher und etwas Alkohol. Freut mich, wenn du doch wieder Fit für den Tag bist.“ Frank musterte sich und dann erblickte er die beiden Mädchen. „Ah, Martina und Stefanie, wenn ich mich recht entsinne.“, stellte er fest, „Könnt ihr heisses Wasser organisieren. Ich nehme wohl besser noch ein Bad, bevor ich diesen Elfen die Ohren noch länger ziehe!“ Die beiden Mädchen grinsten breit, machten einen Hofknicks und liefen davon. „Kommt sofort, Hauptmann“, rief Martina noch hinterher.

 

Tel’Aran und Frank liefen nun in das Gemach, wo Tel’Aran noch seine Tunika liegen gelassen hatte. „Entweder bin ich noch besoffen oder träume“, erklärte Frank beim laufen. „Wieso denn?“ erkundigte sich Tel’Aran. „Ich bin mir nicht sicher, aber dein Gesicht wirkt, als ob du geweint hast.“, erläuterte er dem Elfen. „Ich und weinen? Ich glaub ich muss noch mal die Muntermachen holen!“, entgegnete Tel’Aran lachend.

 

Am Frühstückstisch beim König war natürlich der Ausflug in die Taverne und der morgen das einzige Thema. Tel’Aran musste seine Worte immer weise genug wählen, denn er wollte sicher kein Thema ansprechen oder beantworten, dass für Desilencia womöglich ein unbekanntes und unschönes Thema sein könnte. Natürlich war auch der König überrascht, dass Tel’Aran fit und munter zum Frühstück erschien. Selbst Frank hatte heute Morgen Bericht erstattet, was seit mehreren Jahren nie nach dem Soldtag stattgefunden hatte. Das Frühstück war beendet und schon bald sollte die nächste Geschichtsstunde beginnen.

Inmitten einer Einöde musterte ein Mann die Spuren. Sein Weisser Umhang wehte im Wind und die zwei blutverschmierten Schwerter waren unverdeckt zu sehen. Er blickte hinauf auf die Bergkette und er musterte diese eingehend. Eine Hand griff an seinen Fussknöchel und winselte etwas. „Sei ruhig du alter Einsiedler. Ich habe meine Informationen, und du wurdest reich belohnt. Mit dem Frieden im Tod!“, zischte die unbekannte Person und trat den blutüberströmten Greis mehrmals in den Bauch, sodass mehr Blut auf dem öden Boden verteilte und langsam von der Erde verschlungen wurde. Hastig machte er sich auf den Weg. Es wird eine anstrengende und lange Jagd werden, dachte er mit einer gewissen Freude.